Lektüre für Nichtleser

von Michael Bukowski im St. Oberholz Verlag

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Last Christmas

Dezember 24th, 2009 · No Comments · Allgemein

Weihnachten. Grabowski verbringt das Fest bei Eltern und Geschwistern auf dem Land. Diese Angelegenheit führt Tage später zu folgendem Eintrag in seinem Tagebuch:
Schon erstaunlich, welche Wirkung Musik haben kann. Dieses Weihnachten war das erste, seit ich denken kann, daß ich nicht ein einziges Mal »Last Christmas« von »Wham« hören mußte, nicht einmal in irgendeinem Fahrstuhl, wobei man hier auf dem Land allerdings auch nur selten einen Fahrstuhl trifft … aber egal. Jedenfalls, Schwein gehabt! Trotzdem hatte ich den Klang dieses »Evergreens« auch ohne ihn zu hören die ganzen Weihnachtstage im Ohr, da wir im Familienkreise darüber gesprochen hatten. Man möchte mein’, das hört sich ein, aber nein! Denn wieder setzte die mir bereits vertraute Reaktion ein, ganz genau so als hätte ich das Lied gehört.
Ich empfinde pure Mordlust schon bei den ersten Takten und der Weihnachtsglocken-Percussion. Feuernde Maschinen-Pistolen, aufspritzendes Blut, schreiend zu Boden sinkende und tödlich Verwundete, denen die Gedärme aus den Bäuchen quellen, fallen mir ein. Die Toten stapeln sich übereinander, die Verletzten bluten aus grausamen Wunden, abgetrennte Beine und Arme fliegen mir um die Ohren, Blutfontänen spritzen aus den Leibern der Verstümmelten und so weiter die ganze Zeit.
Ich finde diese Assoziationen weder witzig noch wünschenswert. Natürlich möchte ich keine unschuldigen Menschen meucheln. Um mein Gewissen etwas zu beruhigen, stelle ich mir vor, wie ich die beiden verantwortlich zeichnenden Musiker gefesselt in meiner Gewalt habe und mir die gesamten drei Weihnachtstage Zeit nehme, um sie genüßlich und langsam zu foltern, wobei ich die Torturen genau so dosiere, daß sie unter den allergrößten Qualen, aber langsam und bei Bewußtsein dahinsiechen, bis ich ihnen zum grausamen Finale ihr eigenes Lied so lange vorspiele, bis sie daran jämmerlich krepieren.
Wie gesagt: Mir gefallen diese Vorstellungen nicht besonders, aber ich kann mich dagegen nicht wehren. Sie sind unweigerlich mit »Last Christmas« von »Wham« verknüpft; einem der erfolgreichsten Pop-Songs aller Zeiten. Höre ich den, will ich auf der Stelle töten. Erstaunlich, wie intensiv Musik wirken kann.

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